Hand aufs Herz: Wer entscheidet – Kopf oder Bauch?
Gerade lese ich das Buch „Jenseits vom Mittelmaß“ von Hermann Scherer (ganz neu, 2009!). Ein klasse Buch!! Ich bin grade auf Seite 158 und dort steht ein super Spruch von Donald Caine, einem Neurologen (2003):
„Der essentielle Unterschied zwischen Emotion und Verstand liegt darin, dass Emotionen zum Handeln führen und Verstand zu Beurteilungen.“
Jaja, so ist das! Gibt mir irgendwie sehr viele Denkanstöße…
Und deckt sich auch sehr gut mit meinen Selbstbeobachtungen:
Oft erlebe ich das bei mir so, dass ich sehr rational das Für und Wider einer Entscheidung abwäge.
Sehr sorgfältig und manchmal fast mit an Wissenschafltichkeit grenzender Akribik. Sehr kopflastig auf jeden Fall…
Wenn es dann aber wirklich ans Handeln geht, mache ich genau das, was mein Herz (oder mein Bauch) mir sagt. Also ich tue genau das, auf was ich eben gerade die größe Lust habe. Was genau das ist, überlasse ich hier mal den hochsommerlichen Fantasien des geneigten Blog-Lesers.
Jedenfalls hinterher, wenn ich mit den Konsequenzen meiner Entscheidungen konfrontiert bin, finde ich – in geschliffendster Rechtfertigungs-Manier – tausend schlaue Gründe, warum es sinnvoll war, so zu handeln. Sigmund Freud nennt das „Rationalisierung“: Das Ich ersetzt aus dem Es stammende, wahre (aber vom Über ich verbotene und deshalb nicht eingestandene) Motive durch unwahre, aber eingestandene und vom Über-Ich nicht verbotene Motive. Schön kompliziert formuliert!
Entsprechen kommt es mir so vor, als sei meine Verstand (neuranatomisch genauer: meine Großhirnrinde) eher der Regierungssprecher meiner Person, der ex post für alles logische Gründe findet.
Die Regierung meiner Person hingegen, das sind aber eher meine Emotionen. Und manchmal habe ich das Gefühl, die werden von entwicklungsgeschichtlich eher alten Anteilen meines Gehirns gesteuert. Sozusagen von meinem „Neandertaler-Gehirn“…
Naja, mich interessiert mal: Wie ist das bei Euch? Wer hat bei Euch die Hosen an? Der Verstand? Das Herz? Die Hose ;-) ?
Hallo Herr Dr. Emrich,
auch bei mir siegt ganz oft der Bauch – manchmal kann ich mir noch so viele kluge Argumente überlegen, am Ende folge ich doch dem allerersten Impuls – und der kam aus dem Bauch …
Viele Grüße aus Reutlingen von
Carmen Goglin
Ich möchte glauben, dass ich überwiegend mit dem Kopf entscheide :-). Aber natürlich spielt der Bauch oft auch eine große Rolle. Ob das nun gut oder schlecht ist, weiß ich nicht.
Lieber Herr Dr. Emrich,
der Gehirnforscher Gerhard Roth sagt: Bewusstsein ist für das Gehirn ein Zustand, der tunlichst zu vermeiden und nur im Notfall einzusetzen ist. Sigmund Freud sei also in diesem Punkt von der Gehirnforschung bestätigt. Die Vorstellung, der Mensch habe jederzeit auf alle Vorgänge in seiner Psyche bewussten Zugriff, sei falsch.
Ich frage mich dennoch, ist das, was allgemein mit Bauchgefühl bezeichnet wird, eben unser Unterbewusstsein? Die Unprofis können es vielleicht gar nicht so genau unterscheiden, ob sie eine Entscheidung nach Bauchgefühl oder Verstand trafen? Denn es spielen noch viele andere Aspekte eine Rolle. Wo ist übrigens die Angst einzuordnen? Bieten Sie apropos ebenfalls Seminare an, die sich mit so etwas wie Angst erkennen und bewältigen beschäftigen?
Liebe Grüße
Simona Barazi
Ja das ist nun witzig… ich suche die Nacht durch für mich entscheidungen warum es bei mir mehr sinn macht momentan über den Regierungssprecher zu entscheiden und mein Staat mehr im Hintergrund aktiv ist aber auch zu Wort kommen kann… jedoch muss er der Regierung zeit lassen das ganze zu werten und einordnen zu können ob diese Prozesse wirklich sinnvoll sind. Nur so kann ich aus meinem Teufelskreislauf heraussteigen… witzig, dass Sie gerade ähnliche Worte benutzen und ich somit auf ihre Page gestossen bin
Das ist natürlich super interessant. Wenn man mal versucht objektiv über diese Frage nachzudenken, weiß ich nicht was wünschenswerter ist – ein Überhang in den Kopf- oder Bauchentscheidungen.
Ich hatte objektiv betrachtet schon einige Bauchentscheidungen (aber wer wohl nicht?) aber trotzdem war ich mit denen auch MEISTENS zufrieden.
Bei einigen Themen ist es manchmal vielleicht besser nicht so sehr darüber nachzudenken und alles abzuwägen, sondern seinem ersten Gefühl zu vertrauen und dem zu folgen. Jedoch muss ich sagen, dass ich immer mehr über meine Entscheidungen nachdenke und diese Entwicklung eigentlich schon ganz gut finde.
Es ist wohl wirklich Situationenabhängig :)
Ich bin sehr gespannt auf das Modul 8, das sich mit Hypnose beschäftigt. Ich bin auch recht neugierig auf die neuen Erkenntnissen und Methoden, die wir lernen werden und die wir ggf. im Coaching zukunftig anwenden können. Das Unterbewusstsein prägt das menschliche Verhalten und stellt eine Ressource für Coaching-Klienten dar. Aber wie geht man mit dieser Kraft um ?!